Prinzip Atlas ǀ Walter Schels
Rotundenprojekt 2022 ǀ Part III
15.09.2022 – 08.01.2023
Chickenwings fallen nicht vom Himmel und Fleischpflanzerl wachsen nicht im Balkonkasten! Massentierhaltung und moderne Fleischindustrie haben uns vergessen lassen, dass der Mensch ursprünglich über Jahrtausende ein enges Verhältnis zu seinen Nutz- und Haustieren pflegte – eine einzigartige Symbiose, die dazu beitrug, menschliches Dasein zu sichern.
Beim Eintreten in die Pinakothek der Moderne werden Sie in den kommenden Wochen im Kreisrund der Rotunde von 36 europäischen Haus- und Nutztieren begrüßt: Diversität einmal anders gedacht. Egal ob Kuh, Rabe oder Hund, viele dieser Tiere haben Eingang in unser kulturelles Gedächtnis gefunden und sind Teil unserer Erzählungen, Mythen und Märchen.
Chickenwings do not fall from the sky and hamburger patties do not grow on balconies! Industrial livestock farming and the modern meat industry have made us forget that for millenia mankind cultivated a close bond with farm and domestic animals – a unique symbiosis that helped secure human existence.
Upon entering the Pinakothek der Moderne in the following weeks, you will be welcomed in the circle of the rotunda by 36 European domestic and farm animals: diversity of a different kind. Be it cow, raven or dog, many of these animals have entered our cultural memory and are part of our stories, myths, and fairy tales.
Mit einem Augenzwinkern rückt Walter Schels (*1936 Landshut/Bayern) seine tierischen Porträts in den Fokus unserer Aufmerksamkeit. Frontal fotografiert betrachten uns die Tiere als wären sie unseresgleichen. Es ist der direkte Blick ihrer Augen, der den unmittelbaren Kontakt zum Gegenüber herstellt – sie schauen uns an und wir schauen zurück. In diesem Moment vertauscht sich die Rolle von Betrachtern und Betrachteten, und die Tiere werden uns ebenbürtig. Walter Schels beschreibt seine Vorstellung von einer gelungenen Porträtfotografie mit den Worten: „Manchmal fotografiere ich Menschen müde, damit sie ihr Fotolächeln aufgeben. Dieser Zustand der Selbstvergessenheit ist es, den ich suche. In ihm tritt der Wahrheitsgehalt eines Gesichts zutage.“
In ihrer Gesamtheit gleichen Walter Schels‘ umfangreiche fotografische Langzeitprojekte einem Bilderatlas. Das Universelle, nach dem er in seinen Bildnissen auf der Suche ist, kreist um die Einzigartigkeit und Vielgestaltigkeit von Menschen, Tieren und Pflanzen in der Welt – eine Expedition zu immer neuen Kontinenten, auf der der Fotograf mit seinen 86 Jahren bis heute unermüdlich unterwegs ist.
Ich würde mich freuen, wenn das Rotundenprojekt ǀ Part III der Staatlichen Graphischen Sammlung München Sie zum Staunen bringt, vielleicht sogar berührt oder auch nachdenklich stimmt und zum Wiederkommen bewegt. Ich freue mich auf Ihren Besuch!
Michael Hering, Direktor
With tongue-in-cheek, Walter Schels (*1936 Landshut/Bavaria) directs our attention to his beastly portraits. In frontal pose, these animals look at us as equals. It is the direct gaze of their eyes that establishes contact with their opposites – they look at us and we look back. Instantly, the roles of observer and observed are changed around and the animals become like us. Walter Schels describes his idea of successful portrait photography in these words: “Sometimes I photograph people until they are tired so that they give up their photo smile. This state of abandon is what I search for. In it, the truth of a face surfaces.”
In their entirety, Walter Schels’s comprehensive long-term projects are like a pictorial atlas. The universal he is in search of in his portraits, centers on the uniqueness and variety of man, animals, and plants in this world – an expedition to ever new continents the eighty-six-year-old artist is undertaking to this day.
I would be pleased if the Rotunda Project ǀ Part III of the Staatliche Graphische Sammlung München, moves you, or provokes new thoughts in you, or makes you wonder and come back. I look forward to your visit!
Michael Hering, Director