IM BLICK: Giorgio Vasari. Zum Jubiläum der zweiten Ausgabe der „Viten“, 1568
25.05. – 03.06.2018
Der in Arezzo geborene Architekt und Hofmaler der Medici, Giorgio Vasari (1511 – 1574), errichtete die Uffizien in Florenz und freskierte die Kuppel des Doms Santa Maria del Fiore. Vor allem aber wurde er berühmt als Biograph italienischer Künstler. Sein Werk Le Vite de‘ più eccellenti pittori scultori ed architettori erschien erstmals 1550 und in einer zweiten stark veränderten und erweiterten Auflage 1568. Die „Vite“ enthalten Künstlerbiographien von Giovanni Cimabue (um 1240–um 1302) bis Michelangelo (1475–1564), der vier Jahre vor Erscheinen der zweiten Auflage verstorben war. Die Ausstellung präsentiert Zeichnungen Vasaris und seiner Nachfolge, die ihn bereits als Kunstschriftsteller verehrte, sowie Zimelien aus seiner Sammlung, dem berühmten Libro de‘ disegni, sowie ein kapitales Blatt, das die von Vasari beschriebene künstlerische Orientierung des jungen Michelangelo auf geradezu frappierende Weise widerspiegelt.
Vor 450 Jahren
veröffentlichte Giorgio Vasari (1511 – 1574) die zweite Ausgabe der „Viten“, eine Sammlung von Lebensbeschreibungen berühmter Künstler vom 13. bis über die Mitte des 16. Jahrhunderts. Gegenüber der ersten Ausgabe von 1550 ist die zweite verbessert und wesentlich erweitert. Sie begründete Vasaris Ruhm als Kunsthistoriograph und als „Vater der Kunstgeschichte“.
Vasari bietet in den Vite de´ più eccellenti pittori scultori ed architettori, wie das Werk im Original heißt, nicht nur aneinandergereihte biographische Erzählungen, sondern versucht zu ordnen und zu systematisieren. In den Augen des Renaissancemenschen Vasari hatte die Kunst der Antike hohe Vollkommenheit erreicht, verfiel dann und erlebte seit Cimabue bis in seine Zeit eine Wiedergeburt (rinascita). Die Lebensbeschreibungen spiegeln diesen von Vasari gesehenen Fortschritt in den Verdiensten der Meister um die Kunst wider. Ihren vorläufigen Gipfel erreicht die Entwicklung seiner Überzeugung nach im Werk des von ihm hoch verehrten Michelangelo, das die Antike noch übertreffe. Mit dem Erfolg der „Viten“ etabliert sich das Epochenschema von Antike, „Gotik“ und Renaissance. Den Ursprung von Malerei, Bildhauerei und Architektur fasst Vasari unter dem Leitbegriff des disegno, der mit dem deutschen Wort „Zeichnung“ nur ungenügend übersetzt ist. In ihm sieht Vasari den geistigen Entwurf, einen kreativen, intellektuellen Akt, der höher einzustufen sei als die handwerklich perfekte Ausführung eines Kunstwerks.
Beschloss Vasari die erste Ausgabe der „Viten“ mit der Lebensbeschreibung Michelangelos, setzte er ans Ende der zweiten Ausgabe, vier Jahre nach dem Tod des „Divino“, seine eigene Vita. Dies zum Zeichen des sicheren Bewusstseins, als Erbauer der Uffizien und Hofmaler der Medici selbst einer der führenden Künstler seiner Zeit zu sein, der aus einem reflektierenden Bewusstsein Kunst aus Kunst entstehen lässt.
Die Ausstellung nimmt das Jubiläum zum Anlass, neben einem Exemplar der zweiten Ausgabe der „Viten“, Vasari selbst als exquisiten Zeichner zu präsentieren. Daneben sind aus seiner berühmten Zeichnungssammlung Libro de´ disegni Werke von Pollaiuolo und El Greco zu sehen. Die von Vasari in den „Viten“ beschriebene künstlerische Orientierung Michelangelos wird durch ein kapitales doppelseitiges Blatt des jungen Meisters auf geradezu frappierende Weise anschaulich.